Die digitale Disruption ist weltweit in allen Branchen angekommen. Doch nirgends ist dies so stark zu spüren wie im Finanzsektor. Unternehmen jeder Größe sind gezwungen, mit dem rasanten Tempo des technologischen Wandels Schritt zu halten.
Globale Großbanken verfügen über ausreichend Ressourcen, um die damit verbundenen Chancen ausschöpfen und neue Herausforderungen meistern zu können. Kleinere Finanzdienstleister hingegen können flexibler agieren. Doch sie alle müssen neue Konzepte zur Servicebereitstellung erproben, um im aktuellen Geschäftsumfeld neue Kunden zu gewinnen und zu binden.
Brendan Donovan, Chief Technology Officer und Head of IT Infrastructure bei ING Bank, erklärte in einem Interview mit Diginomica, dass die IT-, Produkt- und Marketing-Teams der niederländischen Bank inzwischen bei der Produktbereitstellung enger zusammenarbeiten. Auch hätten sie anhand von Kundenfeedback in Echtzeit neuen Programmcode geschrieben, der innerhalb einer Stunde in die Produktionsumgebung übernommen wurde. „Das ist Agilität – das ist Geschwindigkeit. Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals erleben würde, doch wir profitieren tatsächlich davon“, so Donovan.
Unternehmen im Bereich Finanztechnologie (Fintech) haben unterdessen komfortable und innovative Banking-, Einkaufs- und Transaktionsmöglichkeiten für ihre Kunden entwickelt. Traditionelle Finanzinstitute erkennen, dass diese flexiblen Organisationen mit ihrem „Digital first“-Konzept ihnen Marktanteile streitig machen können. Manche von ihnen sind sogar Partnerschaften mit Fintechs eingegangen, um neue Kundenlösungen auf den Markt zu bringen.
„Wir glauben, dass Fintech-Unternehmen einen starke Stellung am Markt haben“, erklärt Aayaz Pira, der bei CIBC als Senior Vice President für Digital & Direct Banking zuständig ist und der Tochtergesellschaft Simplii Financial vorsteht, in einem IT World Canada-Artikel. „Sie zwingen Banken dazu, den Status quo hinter sich zu lassen, und üben Druck auf uns aus.“
Doch in der streng regulierten Finanzdienstleistungsbranche werden Innovationsbestreben durch Risikoeinwände oft schon im Keim erstickt. Und obgleich Risikominderung zweifellos einen hohen Stellenwert haben sollte, können Innovationsdefizite weitaus größere Risiken zur Folge haben: Laut einer McKinsey-Prognose aus dem Jahr 2015 werden die Gewinne in der traditionellen Finanzdienstleistungsbranche bis 2025 – also in nur sechs Jahren – um 20 bis 60 Prozent einbrechen, wenn keine digitale Umstrukturierung stattfindet.
Doch was bedeutet Innovation im Finanzsektor? Kundenorientierte Technologien, die Bankgeschäfte einfacher machen, sind sicherlich wichtig, doch echte Innovation geht darüber hinaus. So sollten Finanzdienstleister bei der Evaluierung ihrer internen Lösungen ebenso viel Sorgfalt walten lassen, da ein ganzheitliches Innovationskonzept heutzutage eine Voraussetzung für Konkurrenzfähigkeit und wirtschaftlichen Erfolg ist.
Cathy Bessant, Chief Operations & Technology Officer der Bank of America, erklärt in einem bei Forbes veröffentlichten Interview: „Es gibt keine Unterscheidung zwischen Frontoffice und Backoffice mehr. Business Integration hat durch Technologie eine völlig neue Bedeutung bekommen. Man kann Business und Technologie nicht mehr trennen oder sagen, dass Technologie das Business ermöglicht – beide bilden eine Einheit.“
Es dürfte niemanden überraschen, dass einige der weltweit führenden Finanzdienstleister – darunter Bank of America, Charles Schwab, CIBC, ING, Nasdaq und Visa – auf Cloud-Computing umgestiegen sind und nun über eine Technologieplattform verfügen, die ihren Erfolg im digitalen Zeitalter sichert.
Die folgenden Beispiele zeigen, wie die Cloud als Katalysator für die digitale Transformation in der Finanzdienstleistungsbranche fungiert:
Unternehmen im Finanzsektor statten ihr Frontoffice mit neuen Technologien aus, um den steigenden Erwartungen der Kunden gerecht zu werden. Die Anforderungen der internen Kunden – ihrer Mitarbeiter – kommen dabei häufig zu kurz und sie müssen sich nach wie vor mit veralteten Systemen und Datensilos herumschlagen. Ohne die richtigen Tools laufen Unternehmen und Mitarbeiter Gefahr, wichtige Informationen in der stetig zunehmenden Datenflut zu übersehen.
Mitarbeiter, Finanzen und Operations bilden den Kern ihres Geschäfts, deshalb sollten sich Finanzdienstleister folgende Fragen stellen:
Bei vielen Finanzdienstleistern arbeiten Manager und Mitarbeiter – insbesondere jene, die in der Buchhaltung tätig sind – immer noch mit veralteten Systemen. Das heißt, sie können nur aggregierte Daten mit einer Zusammenfassung komplexer Details speichern. Diese Systeme mögen zwar die Anforderungen an das Finanzreporting erfüllen, doch bieten sie nicht den Grad an Komplexität, der für fundierte geschäftliche Entscheidungen benötigt wird.
Die NASDAQ hat es sich zum Ziel gesetzt, die US-amerikanischen Kapitalmärkte zu modernisieren, um sie kosteneffektiver und attraktiver für kleine und mittelständische Unternehmen zu machen. Im Zuge dieser Initiative musste die Börse ihre Datensilos zugunsten eines global ausgerichteten, prozessorientierten Frameworks auflösen. So wird eine Standardisierung möglich, die beim Eintritt in neue Märkte flexibel skalierbar ist.
„Um das Finanz-Framework der NASDAQ für Kernkapitalmärkte auf andere Sektoren anzuwenden, bedarf es einer gewissen Skalierung. Diese wird durch Backoffice-Lösungen möglich, die Daten in unterschiedlichen Größenordnungen managen können“, erklärt Matthew Petrillo, Associate Vice President of Finance & Accounting bei der NASDAQ, in einem Interview mit Workday.
Jan Willem Kohne, Global Head of Human Resources, IMC
Eric Langheim, Vice President der NASDAQ, fügt hinzu: „Früher hatten wir mehrere On-Premise-Systeme, in denen Daten in Batch-Zyklen hin- und hergeschoben wurden. Dieses Modell war nicht zukunftsfähig. Das „Power of One“-Prinzip von Workday – die Tatsache, dass alle systemrelevanten Datenattribute in einer zentralen Lösung gespeichert sind – erschien mir besonders vielversprechend“, erklärt er. „Wir sind konsequent auf das Cloud-Modell umgestiegen. Dabei haben wir unsere bestehende Architektur – unzählige miteinander verknüpfte Systeme, zwischen denen ständig Daten transferiert werden mussten – gegen eine einheitliche Plattform getauscht, die kontinuierliche Innovation ermöglicht.“
Die Auswertung von Informationen erfordert eine einheitliche Unternehmenslösung, die nicht nur eine Aufschlüsselung von Daten mit immenser Detailtiefe ermöglicht, sondern darüber hinaus Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführt. So erhalten Finanzdienstleister einen umfassenden Überblick über ihr Unternehmen, der es ihnen ermöglicht, die Performance-Kennzahlen für verschiedene Produkte, Kundensegmente, Regionen usw. miteinander zu vergleichen und zu analysieren. Die Kombination all dieser Daten mit der jeweils richtigen Granularität liefert bessere Einblicke in Mittelzuflüsse und -abflüsse sowie wichtige Kennzahlen, mit denen Risikomanagement und Rentabilität verbessert werden können.
Das niederländische Unternehmen IMC hat sich für Workday entschieden. Jan Willem Kohne, Global Head of Human Resources, erklärt dazu: „Wir haben vor langer Zeit erkannt, dass technologische Innovation im Finanzsektor einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bietet und dies zu einem zentralen Aspekt unserer Philosophie gemacht. Indem wir HR- und Finanzfunktion in der Cloud zusammenführen, schaffen wir in unserem Unternehmen ein neues Maß an Transparenz, das uns dabei unterstützt, schnellere und intelligentere geschäftliche Entscheidungen zu treffen.“
Echtzeit-Dashboards bieten Finanzdienstleistern zudem einen umfassenden Überblick über ihre Daten, was durch die Zusammenführung der Daten in der Cloud ermöglicht wird. Ein Filialleiter oder Kreditmanager könnte beispielsweise ein Dashboard für Kreditrisiken verwenden und anhand der darin enthaltenen Angaben zu Abschreibungen von Darlehen und überfälligen Forderungen ermitteln, welche Änderungen zum Erreichen von Umsatzzielen vorgenommen werden müssen, oder Muster mit Handlungsbedarf identifizieren. Ein Finanzdienstleister könnte außerdem die Benchmarking-Funktionen seines Cloud-Anbieters nutzen, um sein Unternehmen mit Wettbewerbern ähnlicher Größe zu vergleichen.
Alle geschäftlichen Interaktionen – mit den Produkten und Services eines Unternehmens ebenso wie mit seinen Mitarbeitern – haben Einfluss auf das Kundenerlebnis. Der digitale Wandel ist allgegenwärtig. Besonders im alltäglichen Leben ist die Erwartungshaltung an Technologie enorm gestiegen. Am Arbeitsplatz erwarten Mitarbeiter inzwischen dieselben leicht zu bedienenden Benutzeroberflächen und -erfahrungen, die sie aus ihrem Alltag kennen. Die Finanzdienstleistungsbranche stellt hier keine Ausnahme dar.
Eine intuitive Technologieerfahrung, sowohl auf Mobilgeräten als auch auf Desktop-Rechnern, ist für die Mitarbeiter eines Finanzinstituts daher ebenso wichtig wie für seine Kunden. Mitarbeiter müssen problemlos auf die Informationen zugreifen können, die sie für ihre tägliche Arbeit benötigen, um sich auf sinnvolle Aufgaben konzentrieren zu können und nicht von fehleranfälligen Altsystemen mit manuellen Prozessen ausgebremst zu werden.
Die Deutsche Bank ist sich bewusst, dass Technologie maßgeblich zur Optimierung des Personalmanagements beiträgt und das Unternehmenswachstum antreibt. Zum Wechsel des Unternehmens zu Workday Human Capital Management erklärt Karl von Rohr, Chief Administrative Officer bei der Deutschen Bank, in einer Pressemitteilung: „Diese neue Personalmanagement-Plattform ist ein wesentlicher Bestandteil unserer digitalen Strategie. Damit erhalten unsere Führungskräfte die notwendigen Tools und Informationen, um zu gewährleisten, dass wir die richtigen Mitarbeiter in den richtigen Positionen einsetzen. Darüber hinaus hat jeder Mitarbeiter immer und überall Zugriff auf Entwicklungsmöglichkeiten und Karrierechancen.“
Eine unternehmensübergreifende Analyse der Mitarbeiterdaten trägt außerdem ganz entscheidend zur geschäftlichen Performance bei. Wie wäre es, wenn ein Finanzinstitut historische Personal-, Finanz- und Prozessdaten einer Filiale vergleichen könnte, um die für die Performance relevanten Faktoren zu ermitteln? Wenn ein Unternehmen beispielsweise weiß, dass bestimmte Kompetenzen und Erfahrungswerte zu besserer Performance führen, kann es die Recruiting- und Talententwicklungsstrategie viel effektiver auf seine Geschäftsziele abstimmen.
Um im heutigen digitalen Zeitalter Erfolg zu haben, müssen Finanzinstitute ein ganzheitliches Innovationskonzept verfolgen. Dabei sollten sie nicht nur ihre Kunden, sondern auch ihre Mitarbeiter und Geschäftsabläufe berücksichtigen. Gerade im Finanzdienstleistungssektor ist es wichtig, zum Vorreiter der digitalen Disruption zu werden, um nicht zu riskieren, den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren.