Betrachten wir den Buchstaben „I“ in CIO – „I“ für „Informationen“. Informationen bestimmen alles, was wir tun. Ohne Informationen werden keine Entscheidungen getroffen und ein zielgerichtetes Handeln ist kaum möglich.
Die Informationsschnittstelle in einem Unternehmen ist der CIO. Er entwickelt und managt das Konzept, wie Informationen gesammelt, organisiert, gespeichert, verarbeitet und analysiert werden. Da Informationen immer mehr zur Währung der globalen Wirtschaft werden, verändert sich die Rolle des CIO: aufgrund seiner einzigartigen Fähigkeit, Informationen zu verstehen und zu verwalten, gewinnt seine Rolle an strategischer Bedeutung.
Folglich ändern sich auch die Kompetenzen und Qualifikationen, die früher für das Management dieser Informationen benötigt wurden. CIOs sind gefordert, über die reine Verwaltung der IT hinaus tätig zu werden und das Unternehmen beim Erlangen von Wettbewerbsvorteilen zu unterstützen. Die heutigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfordern, dass der CIO der Zukunft über technologisch fundiertes unternehmerisches Know-how verfügt, Überzeugungskraft ausstrahlt und Führungsqualitäten besitzt, mit denen strategische Unternehmensentwicklungspläne umgesetzt und Marktchancen verbessert werden können.
In seiner Studie CIO Transformation Survey nimmt das Wirtschaftsmagazin Forbes die sich verändernde Rolle des CIO ins Visier und hebt dabei besonders die steigende Führungsverantwortung hervor. Forbes unterteilt die Rolle des CIO in vier Typen:
Das Ergebnis der Studie überrascht nicht: Die digital am weitesten entwickelten Unternehmen beschäftigen CIOs vom Typ „Transformierer“ oder „Förderer“. Im Hinblick auf das unternehmerische Know-how wären die ambitionierten und strategisch wichtigen CIOs der Zukunft gut beraten, sich die Kompetenzen und Attribute der besten Transformierer und Förderer zu eigen zu machen.
In seinem Bericht „CIOs Must Build Greater Business Acumen in IT for Digital Business“ prognostiziert Gartner, dass bis zum Jahr 2020 100 % der Rollen im IT-Bereich über relativ gut ausgeprägte unternehmerische Fähigkeiten verfügen müssen, um die digitale Unternehmensstrategie effektiv umsetzen zu können.* Dies setzt Branchenwissen, den unternehmensweiten Austausch mit Visionären und das Vorantreiben einer strukturierten digitalen Agenda voraus. Dabei bildet die Technologie das Fundament für die vom Unternehmen vorgegebene Richtung.
Um dies zu erreichen, müssen CIOs neue Kompetenzen und Fähigkeiten erwerben, die sich nicht auf die vorbildliche Führung der IT-Organisation beschränken, sondern auch zum Unternehmensergebnis beitragen. Forschungsergebnisse von Gartner und einigen anderen Unternehmen zeigen, dass CIOs und IT-Führungskräfte Kompetenzen erwerben sollten, die ihnen Folgendes ermöglichen:
Durch die enge Zusammenarbeit mit anderen Vorstandsmitgliedern gelingt es dem CIO, Einblicke in die jeweiligen Geschäftsbereiche zu gewinnen und umgekehrt Akzeptanz im Hinblick auf die Digitalisierung geschäftlicher Abläufe zu erreichen. Mit der Entwicklung einer digitalen Strategie für interne Prozesse und externe Geschäftsabläufe wird eine Möglichkeit für Kollegen geschaffen, gemeinsam an der Realisierung neuer Chancen und Wettbewerbsvorteile zu arbeiten. Durch clevere Kooperationen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens werden CIOs zum zentralen Wegbereiter.
Eine effektive Zusammenarbeit erfordert zunächst einmal, dass CIOs die unterschiedlichen Bereiche des Unternehmens genau kennenlernen. Dies befähigt sie, zu führen anstatt zu folgen: indem sie unternehmensspezifische Anforderungen definieren, die geeigneten Technologieanbieter bestimmen und das Unternehmen mit einer auf die Unternehmensziele abgestimmten Technologiearchitektur ausstatten. Für eine effektive Zusammenarbeit unerlässlich sind zudem umfassende Kenntnisse der unterschiedlichen Gruppen und deren Beitrag zum Gesamtunternehmen. Dazu zählt auch, wie dieser Beitrag gemessen wird, welche kurz- und langfristigen Pläne es gibt und warum Unternehmensziele nicht erreicht werden.
Der CIO sollte in der Lage sein, eine digitale Strategie für die jeweiligen Führungskräfte zu erarbeiten, die im weiteren Verlauf mit ihnen gemeinsam angepasst und verbessert wird, sodass die Anforderungen des Unternehmens kontinuierlich erfüllt werden. Dabei sollte u. a. thematisiert werden, wie sich die Arbeit der Führungskräfte durch den Einsatz von Technologie nachweisbar verbessern lässt, indem z. B. deutliche Einsparungen erzielt oder neue Umsatzmöglichkeiten und Wettbewerbsvorteile geschaffen werden.
Möglicherweise benötigt der CHRO bessere Daten, um die Mitarbeiterfluktuation zu analysieren. Ein operatives IT-Team würde mit einer punktuellen Lösung an die Aufgabe herangehen: Eine grundlegende Analyse gibt in Zahlen und Prozentsätzen Auskunft darüber, wann Mitarbeiter ausgetreten sind, in welchen Abteilungen es die meisten Austritte gibt sowie weitere Details, die das Problem möglichst umfassend darstellen. Für die IT-Abteilung ist dies eine leichte Aufgabe. Welche Schlüsse der CHRO aus dieser Analyse zieht, ist ihm überlassen. Für den CIO, dem es in erster Linie um die reinen Informationen geht, wäre die Aufgabe damit erfüllt.
Eine Lösung mit einem wesentlich größeren Mehrwert stellt die enge Zusammenarbeit zwischen CIO und CHRO dar. Denn sie hat das Deployment einer Technologielösung zum Ziel, die die strategisch wichtigen, langfristigen Bedürfnisse der Personalabteilung berücksichtigt. Dabei geht es um Fragen wie zum Beispiel: Wenn die richtigen Daten vorliegen – gibt es dann automatisierte Prozesse, die angestoßen werden können, um die Mitarbeiterfluktuation einzuschränken? Lässt sich mithilfe von Analysen während des Einstellungs- oder Beurteilungsprozesses vorhersagen, wann ein Mitarbeiter das Unternehmen möglicherweise verlässt? Bevor CIOs eine solche Aufgabe lösen können, müssen sie verstehen, wie die HR-Abteilung funktioniert, welche Strategien Personalleiter verfolgen und was ihnen wichtig ist. Durch den Einsatz von Technologien wie cloudbasierte Lösungen und prädiktive Analysen sind CIOs in der Lage, auf diese Bedürfnisse einzugehen. Die Grundvoraussetzungen hierfür sind jedoch Kooperation und umfassende Kenntnisse auf Seiten der zuständigen Akteure.
Die Rolle des CIO erfordert zunehmend eine Mischung aus Technologie- und Geschäftsexpertise. Die Reichweite und der Einfluss des CIO umfassen heute jeden Aspekt des Unternehmens. John Barden, Deputy CIO der University of Rochester, stellt fest: „Der IT-Bereich ist längst mehr als eine untergeordnete, unterstützende Funktion. IT ist in unsere täglichen Aufgaben integriert und nimmt eine stärker beratende Funktion wahr. Die Mitarbeiter werden dabei unterstützt, ihre Bedürfnisse zu konkretisieren und nach Möglichkeiten zu suchen, Ziele gemeinsam zu erreichen.“
Für viele CIOs lag der Fokus bisher intern auf der Bereitstellung leistungsstarker Technologielösungen für Mitarbeiter und wichtige Stakeholder. Hier ist eine rasche Veränderung zu beobachten: Laut der Studie „CIO Transformation Survey“ des Forbes-Magazins rechnen 83 Prozent der als Transformierer geltenden CIOs damit, dass sie in den nächsten fünf Jahren mehr als 50 Prozent ihrer Zeit für digitale Initiativen und Projekte aufwenden werden. Das bedeutet, dass CIOs ihren Geschäftssinn weiter entwickeln und mit ihrer Technologiekompetenz kombinieren müssen, um eine digitale Leadership-Strategie umsetzen zu können. Ziel ist hierbei nicht nur eine höhere Effizienz im Unternehmen, sondern auch oder vor allem die Entwicklung einer neuen, profitablen Digitalstrategie. Gartner erklärt: „Diese Rollen sind entscheidend für die Weiterentwicklung der IT-Organisation von einer rein unterstützenden Funktion auf Transaktions- und operativer Ebene zu einem anerkannten Geschäftspartner, Change Agent oder Transformationstreiber.“*
In der Studie „CIO Transformation Survey“ von Forbes beschreiben CIOs den Übergang als einen Wechsel vom Back-Office zur zentralen Anlaufstelle mit kundenorientierten Aktivitäten. Viele sehen die Entwicklung als „Vorher-Nachher-Szenario“, in dem sie sich von ihrer einst aufgabenzentrierten Rolle gelöst und zu einem Berater des Unternehmens mit Fokus auf Innovationen entwickelt haben. Aktuell erwarten die Studienteilnehmer, dass sie innerhalb der nächsten fünf Jahre 42 Prozent ihrer Zeit mit digitalen Tätigkeiten verbringen.
Um diesen Fokus zu verändern, müssen Geschäftsziele und Technologieentscheidungen in ihrer Bedeutung gleichgestellt werden. Es erfordert, dass CIOs sich einer neuen Sprache bedienen, die gleichermaßen auf Kunden und das Finanzergebnis Bezug nimmt, Entwicklungsmöglichkeiten für das Unternehmen aufzeigt und den Kostenfaktor beim Deployment von Technologie berücksichtigt. Zu diesen Initiativen zählt die Anpassung von Geschäftsprozessen, um sie über webbasierte Schnittstellen verfügbar zu machen, ebenso wie die Bereitstellung von Anwendungen zur Verwendung auf mobilen Geräten und anderen digitalen Formaten – Aufgaben, die die kombinierten Sichtweisen einer Führungskraft mit Unternehmens- und Technologieexpertise erfordern. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Vorstandsmitgliedern kann der CIO praktische Lösungen liefern, die sich positiv auf das Engagement, die Nutzung und den generellen Wertbeitrag auswirken.
Genau genommen denken viele Mitarbeiter nur dann an die IT, wenn ihr Laptop nicht mehr funktioniert. Abgesehen von Reparaturen und der Einrichtung neuer Geräte spielt die IT keine allzu große Rolle im Alltag der Mitarbeiter. Spätestens aber, wenn der CIO mit anderen Führungskräften eine neue, unternehmensweite Kultur der digitalen Innovation in die Wege leitet, sollte jedem bewusst sein, was dies für ihn bedeutet. Aufgabe des CIO ist es, die Vorteile der digitalen Initiativen für das Unternehmen auf breiter Ebene zu vermitteln.
Der Gartner-Bericht nennt Kommunikation als das wichtigste Kompetenzfeld für CIOs. Der Bericht stellt weiter fest, dass „CIOs und IT-Führungskräfte Kommunikationsstrategien brauchen, um die Rolle der IT, ihre Aktivitäten und Leistungen konsequent mit der Strategie und Leistung des Unternehmens zu verknüpfen.“* Die Vision ist demnach nicht mehr nur IT-bezogen, sondern entwickelt sich zunehmend zu einer Roadmap für den Unternehmenserfolg als Resultat digitaler Innovation. Diese Entwicklung bringt bedeutende Veränderungen mit sich, deren interne Auswirkungen sich aber durch einen effektiven Führungsstil des CIO abmildern lassen. So ist eine sichere Steuerung des Unternehmens, einschließlich möglicher Kurskorrekturen, zum Wohle aller Mitarbeiter gewährleistet.
Der CIO ist gefordert, die digitale Vision für das Unternehmen zu kommunizieren: Eine orchestrierte Zusammenstellung von bedarfsorientierten Webservices, APIs und Hardware in Verbindung mit standardisierten, plattformunabhängigen Technologien sorgt für mehr Kundennähe und verbessert die unternehmensinternen Vorgänge.
Gartner schlägt CIOs und Führungskräften im IT-Bereich folgenden Kommunikationsansatz vor, um bei der Belegschaft ein Bewusstsein für den unternehmerischen Kontext zu fördern:
Mit anderen Worten: CIOs müssen ihre traditionelle Komfortzone verlassen und Wege finden, wie sie das Potenzial von IT-Initiativen im gesamten Unternehmen überzeugend vermitteln. Unabhängig davon, ob dies im persönlichen Gespräch, über Webinare oder andere Kanäle geschieht – eine effektive Kommunikation ist unerlässlich. Je mehr die Mitarbeiter über die Vision des CIO erfahren, desto mehr begreifen sie diese als etwas, das unmittelbar in ihren Arbeitsalltag integriert ist. Sie verstehen, dass es sich nicht um ein einmaliges Projekt oder Ziel oder gar um eine isolierte Initiative des Unternehmens ohne Bezug zu ihrer Rolle handelt.
Eine aktuelle Studie von Harvey Nash/KPMG mit dem Titel „The Creative CIO“, für die mehr als 3.300 CIOs und IT-Führungskräfte befragt wurden, stellt signifikante Änderungen in der Reaktion von CIOs auf die Vorgaben des CEOs fest: CIOs konzentrieren sich jetzt mehr auf umsatzsteigernde Projekte (63 Prozent) statt auf kostensparende Projekte (37 Prozent). Die strategische Verbindung zwischen Technologie, Kunden und Unternehmenszielen ist enger als je zuvor. In der Studie „Redefining Boundaries: Insights from the Global C-Suite Study“ prognostiziert IBM eine Steigerung um 19 Prozent beim digitalen und persönlichen Kundendialog und Forbes stellt fest, dass 51 Prozent der „Transformierer“ unter den CIOs innerhalb der nächsten zwei Jahre den „direkten Kundenkontakt deutlich steigern“ wollen.
Diese Veränderungen unterstreichen die Notwendigkeit für CIOs, ihr Know-how zur Umsetzung einer digitalen Unternehmensstrategie einzusetzen, die stärker am Kunden anstatt an technischen Funktionen ausgerichtet ist. Zugunsten einer konsequenten Kundenorientierung („Customer first“) werden CIOs vor die Herausforderung gestellt, den Einsatz von Technologie außerhalb des Unternehmens zu überdenken. Bisher war es Aufgabe der CIOs, andere dabei zu unterstützen, Kundenkontakte zu pflegen. Um aber diese neuen Ziele zu erreichen, müssen sie sich nun für den direkten Umgang mit den Kunden rüsten.
Der CIO muss mithilfe technischer Ressourcen sowohl interne User als auch Kunden über digitale Kanäle miteinander vernetzen. Diese Verbindungen erstellt der CIO bereits souverän über cloudbasierte Software-Lösungen, API-Konnektivität zu anderen Anwendungen sowie den Einsatz von Mobilgeräten und andere Möglichkeiten des webbasierten Zugriffs. Mit den steigenden Anforderungen an die Einbindung von Kunden müssen diese Verbindungen über die Grenzen des Unternehmens hinaus erweitert werden. Umfassende Sicherheit auf allen Ebenen und Zugriffskontrollen sind hierbei zwingend erforderlich. Zudem muss das Entwicklungsteam in der Lage sein, im Hinblick auf Datenzugriff und Anwendungsfunktionen mit externen Entwicklern zusammenzuarbeiten.
Der wahrscheinlich kritischste Aspekt ist die Benutzerfreundlichkeit. Dies betrifft nicht nur das Design und die Benutzerfreundlichkeit von Anwendungen, die CIOs für Mitarbeiter, Partner und externe Kunden bereitstellen, sondern auch die User Experience der Anwender bei der Zusammenarbeit mit dem IT-Team und der Nutzung von Tools. Die User müssen unmittelbar in der Lage sein, den Service der IT-Organisation zu nutzen und die spezifischen Vorteile zu erkennen. Um dies zu erreichen, müssen CIOs dafür sorgen, dass ihre Teams herausstellen, wie wichtig der Einsatz technischer Ressourcen zur Steigerung des Unternehmensergebnisses ist. Bei der großen Angebotsauswahl geraten CIOs und Unternehmen, die der Benutzerfreundlichkeit nur geringe Priorität einräumen, schnell ins Hintertreffen.
Zweifellos hat sich die Rolle des CIO in den vergangenen 10 Jahren grundlegend verändert und spiegelt die neuen Erwartungen und Herausforderungen wider. Während sich der Alltag des CIO früher um Effizienz und Prozesse drehte, ist seine Rolle heute untrennbar mit Schlagwörtern wie Vision, digitale Strategie und Unternehmensziele verbunden. Diese Entwicklung ist ein Ausdruck der veränderten Bedürfnisse von Unternehmen und Märkten und zeigt darüber hinaus die Änderungs- und Anpassungsfähigkeit, die von CIOs nicht nur gefordert, sondern regelmäßig auch gezeigt wird.
Die notwendigen Kompetenzen für eine effektive Ausübung der Rolle des CIO haben sich in einer Weise verändert, die keine Neuerfindung, sondern vielmehr eine Bestätigung des Stellenwerts des CIO im Unternehmen erfordert. Als technisch versierte Führungskraft mit unternehmerischem Know-how liegt es an ihm, dem Unternehmen den Weg in die Zukunft zu weisen.
*Gartner „CIOs Must Build Greater Business Acumen in IT for Digital Business“ von Lily Mok und Diane Berry, 20. Mai 2016.