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DER CHRO DER ZUKUNFT

Eine Wegbeschreibung

Wir sprechen oft über die Zukunft, aber wie oft malen wir sie uns wirklich aus?

Stellen Sie sich eine Person vor, die eine hoch effiziente HR-Abteilung führt: Als CHRO – oder vielleicht trägt sie auch den heute schon gängigen Titel „Chief Employee Experience Officer“ – nimmt sie in nicht all zu ferner Zukunft an einer Telefonkonferenz zu den Finanzergebnissen teil. Sie unterstützt den CEO darin, zu veranschaulichen, wie neu formierte Mitarbeiterprogramme zu dem jüngsten, positiv überraschenden Unternehmensgewinn beigetragen haben. Im Anschluss stellt die CHRO eine Verbindung zu einem eleganten Virtuality-Reality-Konferenzraum in einem Tokioter Hotel her, um ein Pressebriefing zu geben. Die CHRO bittet die Teilnehmer (mithilfe ihres „Hearable“-Dolmetschers, der sie in Echtzeit dolmetscht und der nun von jedermann diskret im Ohr getragen wird) auf Japanisch, ihre kurze Verspätung zu entschuldigen, bevor sie ihre innovativen Pläne zur Schließung von Kompetenzlücken durch kontinuierliche Schulungen am Arbeitsplatz vorstellt, die auf die gesamte Asien-Pazifik-Region Anwendung finden sollen. Danach nimmt die CHRO an einem hochkarätigen Abendessen mit den wichtigsten europäischen Kunden aus der Transport- und Logistikbranche teil, um sich darüber zu informieren, wie fahrerlose Lkws und ein vollautomatischer Transport die Unternehmenskulturen und die geschäftlichen Anforderungen der Kunden zusehends prägen.

Wenn überhaupt, ist das Szenario oben eher ein konservatives. Jede Vorhersage darüber, was wir in der Zukunft tun werden, ist sicherer als die Vorhersage darüber, wie wir es tun. Schließlich wird das menschliche Bedürfnis, sich auszutauschen, zu kommunizieren und sich bei der Arbeit gebraucht zu fühlen, so schnell nicht verschwinden.

Interne Stellenwechsel und der zielgerichtete Einsatz von Mitarbeitern bieten Unternehmen den größten Mehrwert.

Die Autoren der Deloitte-Studie „Disrupting the CHRO: Following in the CFO’s Footsteps“ führen aus, dass sich HR-Führungskräfte CFOs gerade jetzt zum Vorbild nehmen sollten, da sie den Übergang von Finanzverwaltern zu wertvollen strategischen Partnern erfolgreich gemeistert haben. Schließlich hat die Bedeutung von CFOs zugenommen, nachdem deutlich wurde, dass bereits allein Kapitalbewegungen zur Wertsteigerung eines Unternehmens beitragen können. Da die Wirtschaft heute zunehmend wissens- und dienstleistungsbasierter wird, bieten interne Stellenwechsel und der zielgerichtete Einsatz von Mitarbeitern Unternehmen den größten Mehrwert. 2010 machten immaterielle Vermögenswerte 85 Prozent des Unternehmenswerts aus – das ist ein Anstieg von 40 Prozent gegenüber 1982. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Prozentsatz in den letzten Jahren sogar noch dramatischer angestiegen ist.

Wenn Talent die wichtigste Ressource eines Unternehmens ist, erscheint es folgerichtig, dass die Person, die mit der Talentsuche und -bindung betraut ist, eine zentrale Rolle für das Unternehmen spielt. Denn schließlich ist es auf keinen Fall sicher, dass man die besten Leute für das Unternehmen gewinnen kann. Die Autoren der „Disrupting the CHRO“-Studie schreiben: „Unternehmen können aus unterschiedlichen Gründen (sich ändernde Demografien und Familienstrukturen bis hin zum Wertewandel von Generationen und den Auswirkungen öffentlicher Politik) nicht länger davon ausgehen, dass ihnen ein umfangreicher oder gar überschüssiger Pool aus Fachkräften zur Verfügung steht, der sie bei der Erreichung ihrer Wachstumsziele unterstützt.“

In Asien, also dort, wo HR-Teams nicht immer in der Lage waren, mit dem rapiden Wachstum vieler Unternehmen Schritt zu halten, beginnen CHROs heute quasi mit einem unbeschriebenen Blatt – und haben demzufolge mehr Motivation, ihre Personalabteilung in einen wichtigen Umsatz- und Ergebnisträger umzustrukturieren.

In Europa stellen die fünf wichtigsten Herausforderungen für Führungskräfte im HR-Bereich, die von der Boston Consulting Group identifiziert wurden, gleichzeitig die Schwierigkeiten dar, auf die Unternehmen am schlechtesten vorbereitet sind. Dem CHRO der Zukunft bietet sich also die Chance, einen enormen Einfluss auszuüben.

Eine qualitative Bewertung quantitativer Analyseergebnisse kann im Rahmen datengestützter Entscheidungsprozesse zum echten Vorteil für das Unternehmen werden.

Erforderliche Kompetenzen für die neue Rolle

Wenn wir also eine Vorstellung davon haben, wie das Profil des CHRO der Zukunft aussehen könnte, was muss heute getan werden, damit diese hypothetische Zukunft Wirklichkeit wird? Laut den Autoren des im Harvard Business Review veröffentlichten Artikels „People Before Strategy: A New Role for the CHRO“ im Harvard Business Review sind das drei Dinge: Ergebnisprognosen erstellen, Probleme diagnostizieren und Talentstrategien umsetzen, die dem Unternehmen einen Mehrwert verschaffen – das sind die Markenzeichen der neuen Generation von CHRO-Vorbildern. Aber wie die Autoren schreiben, „gehören manche dieser Dinge zwar zur Standardjobbeschreibung eines CHRO, fehlen aber zum größten Teil in der Praxis. Dies empfinden die meisten CEOs als eher enttäuschend.“

Anhand von Ergebnisprognosen können CFOs und CEOs nachvollziehen, wie die Besetzung von Schlüsselpositionen mit dem richtigen Personal zur Erreichung der Budget- und Unternehmensziele beiträgt. Darüber hinaus muss der CHRO auch einen Blick über den Unternehmenstellerrand wagen, um der obersten Hierarchieebene des Unternehmens zu helfen, Erkenntnisse über die Geschäftsstrategie seiner Konkurrenten zu gewinnen.

Durch Hinterfragung der Schachzüge von wichtigen Konkurrenten auf dem Talentmarkt kann der CHRO beispielsweise wertvolle Einblicke erhalten. Wenn ein Softwareunternehmen etwa plötzlich Datenanalysten und Experten im Bereich Interface Design einstellt, kann man darauf wetten, dass das Unternehmen in Kürze Analyse-Dashboards anbieten wird.

Analysen sind der Schlüssel zu Ergebnisprognosen – sie verleihen Personaldaten bei den traditionell zahlenorientierten Kollegen der Finanz- und Operations-Teams Glaubwürdigkeit. Das Modewort heute lautet Analyse. Es kann also helfen, sich anzuschauen, was „Analyse“ für einen CHRO wirklich bedeutet: Vereinfacht gesprochen ist eine Analyse die Vorgehensweise zur Nutzung von Daten zur Beantwortung von heiklen geschäftlichen Fragen. Es ist hilfreicher, das gewünschte Ergebnis zuerst zu skizzieren und sich rückwärts an das Ziel heranzuarbeiten statt in der überbordenden Datenflut nach Mustern zu suchen. Ohne eine klare Ausgangsfragestellung kann man angesichts der Datenfülle leicht die Orientierung verlieren.

Hilfreiche Analysetechnologie und bereinigte Daten sind die notwendigen ersten Schritte. Geht man aber davon aus, dass CHROs über die richtigen Tools und grundlegende Statistikkenntnisse verfügen – die sie sich über Online-Kurse in Personalanalytik oder durch die Zusammenarbeit mit firmeninternen quantitativen Analysten aneignen – können sie gängige Fallstricke vermeiden. Wenn Sie z. B. die Performance von Managern in zwei verschiedenen Werken vergleichen, nützt das Wissen darüber, dass in kleineren Stichprobengrößen eine höhere Variabilität liegt. Anders ausgedrückt: Sie werden in einer Gruppe von zehn Managern mehr High Performer und weniger Low Performer als in einer Gruppe von 100 Managern finden. Zahlen lügen nicht. Aber sie zeigen auch nicht alles. Wenn ein CHRO also nicht rein quantitativ, sondern eher qualitativ denkt, kann dies im Rahmen datengestützter Entscheidungsprozesse zum echten Vorteil für das Unternehmen werden. Indem sie Analysen als Entscheidungsgrundlage nutzen, können CHROs ihre Personalpolitik und ihre Geschäftsempfehlungen in Daten verankern und ihnen etwas von der „Schwammigkeit“ nehmen, die HR traditionell anhaftet und sich dadurch auf dieselben Sachverhalte stützen wie das Finanzteam und alle anderen Abteilungen.

CHROs der Zukunft werden ihr globales Wissen über das Unternehmen dafür nutzen, die größeren, fundamentaleren Mängel im Unternehmen zu diagnostizieren.

Das Diagnostizieren von Problemen ist nur möglich, wenn Sie mit der Organisation vertraut sind und einen Gesamteindruck des Unternehmensumfelds haben.

Laut den Autoren des Artikels „People Before Strategy: A New Role for the CHRO“ „sollte der CHRO mit dem CEO und dem CFO zusammenarbeiten, um die Ursachen von Versäumnissen zu klären, denn der Ursprung eines Großteils aller Probleme liegt beim Personal“. Dahinter steht der Gedanke, über externe Faktoren wie sinkende Zinssätze oder Wechselkursschwankungen hinauszuschauen und Zahlen mit Einblicken in das Sozialsystem des Unternehmens zu verknüpfen – mit der firmeninternen Zusammenarbeit.“

Wenn Sie einen globalen Überblick über Ihre Abteilungen haben und zudem über analytische Fähigkeiten verfügen, werden Sie in der Lage sein, die Personalprobleme im Unternehmen zu diagnostizieren: wann und ob Personal für Produktverzögerungen, verfehlte Prognosen usw. verantwortlich ist. Und wir sind der Ansicht, dass der CHRO der Zukunft sein globales Wissen über das Unternehmen nutzen wird, um die größeren, fundamentaleren Mängel im Unternehmen zu diagnostizieren. HR-Führungskräfte können sich heute ein umfassenderes Toolset zunutze machen als je zuvor, das abteilungsübergreifende Echtzeiteinblicke bietet – anonymes Mitarbeiterfeedback oder Kurzumfragen, mit denen die Mitarbeiterzufriedenheit unter verschiedenen Managern gemessen werden kann.

Die Autoren von „People Before Strategy: A New Role for the CHRO“ schreiben dazu: „Betrachten Sie z. B. Probleme, die durch fehlende siloübergreifende Zusammenarbeit entstehen. In solch einer Situation wird kein Kosteneinschnitt, keine Budgetverlagerung und keine Abmahnung die Abwärtsentwicklung aufhalten. Deshalb sind CHROs, die auf ‚gestörte‘ im Unternehmen hinweisen, wirklich Gold wert.“

Der Wert von Unternehmen, die ihre Ressourcen regelmäßig umdisponieren, steigt nach 15 Jahren im Gegensatz zu vergleichbaren, weniger dynamischen Firmen um 40 Prozent an.

Auch wenn „Soft Skills“ und Intuition bei der Entscheidungsfindung etwas nachteilig sein können, sind sie sehr positiv zu sehen, wenn die Verantwortlichen ermitteln möchten, wo und wie die Organisation nicht so gut funktioniert wie sie es sollte. CHROs sollten darauf drängen, dass ihre Mitarbeiterprogramme mit der Geschäftsstrategie und der Kultur des Unternehmens verknüpft werden.

Ein durch laufende formelle Schulungen aufgebautes Wissen ist neben einem tiefgreifenden Verständnis von allen Geschäftsprozessen ein Muss für CHROs der nächsten Generation. Matt McElrath, CHRO von Keck Medicine of USC, verriet uns: „Ich bin davon überzeugt, dass sich HR-Fachleute kontinuierlich weiterbilden, ihre Zertifizierungen von verschiedenen Verbänden erwerben und einen akademischen Grad erwerben sollten. Sie müssen ebenso kompetent und fachkundig sein wie ihre Kollegen im Bereich Operations.“

Durch die Umsetzung von Talentstrategien, die dem Unternehmen einen Mehrwert bieten, können HR-Führungskräfte ihre Bedeutung für das Unternehmen ganz konkret unter Beweis stellen. Der CHRO ist die Führungskraft im Unternehmen, deren Aufgabe es ist, festzulegen, wie das Unternehmen Mitarbeiter zur Erreichung seiner Geschäftsziele einsetzt. Eine dynamische Talentzuweisungsstrategie, das Einstellen und Befördern von Mitarbeitern für eine bessere Integration am Arbeitsplatz und eine starke Unternehmenskultur tragen alle zur Optimierung dieser Ergebnisse bei. Auch wenn progressiv denkende HR-Führungskräfte schon seit geraumer Zeit an dieser Aufgabe arbeiten, besteht der Unterschied zu heute darin, dass CHROs mit soliden Analysekenntnissen einen Beitrag liefern können, der sich als geschäftlicher Nutzen „in bar“ beziffern lässt.

Ein Nachweis für die mögliche Wertsteigerung durch HR: Dem in der Fachzeitschrift McKinsey Quarterly erschienenen Artikel „How to Put Your Money Where Your Strategy Is“ zufolge wird der Wert von Unternehmen, die ihre Ressourcen durchgängig und regelmäßig umdisponieren – hierzu zählen auch Investitionen, betriebliche Aufwendungen und Humankapital – nach 15 Jahren im Gegensatz zu vergleichbaren, weniger dynamischen Firmen um 40 Prozent ansteigen.

Außerdem profitieren Unternehmen, die einer integrativen Beschäftigungspolitik Vorrang einräumen und für die „Diversity“ in der Belegschaft ein wichtiger Faktor ist, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Wie zuvor erwähnt, zeigen die Ergebnisse der Studie „Why Diversity Matters“ von McKinsey & Company, dass Unternehmen im obersten Quartil für geschlechtsspezifische Vielfalt mit einer 15 % höheren Wahrscheinlichkeit Finanzerträge oberhalb des nationalen Branchenmedians verzeichnen und die Finanzerträge von Unternehmen im obersten Quartil für ethnische Vielfalt mit einer 35 % höheren Wahrscheinlichkeit über dem nationalen Branchenmedian liegen.

Integration am Arbeitsplatz ist nur ein Beispiel dafür, wie die Unternehmenskultur Auswirkungen auf das Finanzergebnis haben kann, insbesondere dann, wenn Mitarbeiter die Manager der obersten Führungsebene als vertrauenswürdig und moralisch einwandfrei einstufen.

Laut der Studie „Global Human Capital Trends 2016“ von Deloitte stellt eine starke Unternehmenskultur einen besonders wichtigen Wettbewerbsvorteil in Zeiten des Wandels dar. Die Autoren weisen darauf hin, dass „Fusionen, Übernahmen, Wachstum und Produktzyklen entweder erfolgreich oder zum Scheitern verurteilt sind, je nachdem, ob die Unternehmenskultur auf den Geschäftskurs ausgerichtet ist.“

Die Frage der Zukunft der Vergütung sollten Führungskräfte im HR-Bereich schon heute angehen. Im Vereinigten Königreich begann man schon 2013, Offenlegungen zur Führungskräftevergütung zur Pflicht zu machen. In den USA werden Führungskräfte im HR-Bereich von öffentlichen Unternehmen ab 2017 gezwungen sein, das Verhältnis der Vergütung von CEOs im Vergleich zur durchschnittlichen Vergütung von Mitarbeitern offenzulegen.

Willis Towers Watson hat eine Empfehlung, um die Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeiter angesichts dieser Veröffentlichungen der CEO-Gehälter hoch zu halten. Die Empfehlung ist für alle Organisationen wichtig, denn gerade in einer immer transparenter werdenden Welt fristet die Vergütung immer noch ein Schattendasein:

1. Geben Sie eine Stellungnahme zu den gesamten Prämien ab.

2. Optimieren Sie die Kommunikation, was Gehälter angeht.

3. Schaffen Sie ggf. eine einheitliche Jobarchitektur.

Zurück in die Zukunft

Lassen Sie uns das Profil des CHRO der Zukunft erneut betrachten. Warum nimmt die CHRO an einer Telefonkonferenz zu den Finanzergebnissen teil? Weil sie die geschäftlichen Anforderungen eines Unternehmens versteht und analytisch genug denkt, um die Auswirkungen von HR-Initiativen in konkreten Zahlen darstellen zu können. Die CHRO spricht mit den Medien darüber, welche Maßnahmen ihr Unternehmen umsetzt, um Kompetenzlücken zu schließen. Sie weiß, dass die neue Mitarbeitergeneration On-Demand-Schulungen am Arbeitsplatz voraussetzt und ist sich darüber im Klaren, dass ihr Unternehmen ergänzend zu der Schaffung von Arbeitsplätzen weitere soziale Verantwortlichkeiten hat. Die CHRO isst mit dem Kunden zu Abend, weil sie weiß, dass sie nur dann wirklich effizient ist, wenn sie den unmittelbaren Bedürfnissen des Unternehmens immer einen Schritt voraus ist – dies erreicht sie am besten, indem sie sich über aktuelle Entwicklungen in der Wettbewerbslandschaft der Kunden informiert.

Für unsere CHRO war es nicht leicht, sich das für ihre Rolle erforderliche Wissen und die Kompetenzen anzueignen, aber sie hat sich ihren Platz als Innovationstreiberin für Personal- und Unternehmensperformance zweifellos verdient.